Wenn Pädagogen träumen…

Finnland, das lange Zeit in den PISA-Tests in Europa führend war, hat gerade eine umfangreiche Schulreform durchgeführt, die in intensiven Gesprächen mit den Betroffenen, nicht an den Schreibtischen eines Ministeriums, entstanden ist.[1] Die größte Veränderung ist, dass die Inhalte nicht mehr im Mittelpunkt stehen und die Grenzen zwischen den Fächern aufgeweicht werden. Stattdessen sollen sich die Schüler in sieben Kompetenzbereichen entwickeln, unter anderem: Kulturen kennenlernen, umfassende Informationsgewinnung, Beherrschen der Informationstechnologien, Arbeitswelt und Unternehmertum sowie Aufbau einer nachhaltigen Zukunft. Es geht dabei nicht mehr um bruchstückhaftes Wissen, sondern um die Fähigkeit, Zusammenhänge zu finden und große Informationsmengen zu beherrschen. Dabei spielen ethische Fragen eine zunehmende Rolle. Die Schüler sollen ihre Lernprozesse selbstbestimmt gestalten: „Du selbst bist der Hüter des eigenen Lernens.“ …die Lehrer planen ihre Lernarrangements im Team.

Auch wir benötigen  eine Revolution der Lernpläne.

Die Schulbehörden würden dann  keine wissens- und qualifikationsorientierten Curricula mehr vor, die in der Schule peinlich genau abzuarbeiten sind, sondern formulieren Richtziele für einige wenige Kompetenzfelder. Mögliche Kompetenzfelder sind unser Gesellschafts- und Politiksystem (einschließlich Geschichte), das Wirtschaftssystem und die Konsequenzen der Innovationen in der Informationstechnologie, Sprachen und interkulturelle Kompetenzen, eine nachhaltige Umwelt oder die Gewinnung und sinnvolle Nutzung von Informationen. Eine zentrale Rolle spielt hierbei die Querschnitts-Kompetenz der Schüler, selbstorganisiert zu lernen. Dazu gehört auch, dass sie in der Lage sind, die erforderlichen Fertigkeiten, z.B. Lesen, Schreiben oder Rechnen, bedarfsgerecht aufzubauen und anzuwenden.

Diese Richtziele sind als Soll-Kompetenzprofile mit persönlichen, sozial-kommunikativen, fachlich-methodischen und aktivitätsbezogenen Kompetenzzielen zu gestalten. Die Formulierung der Soll-Kompetenzprofile setzt einen gründlichen gesellschaftlich-politischen Entwicklungsprozess voraus, um bei allen Beteiligten eine hohe Akzeptanz zu schaffen.Dabei bedeutet beispielsweise fachlich-methodische Kompetenz nicht, ein bestimmtes Wissen auf Vorrat zu speichern, sondern sein eigenes Wissen und vielfältige Möglichkeiten des Wissensaufbaus methodisch sinnvoll zu nutzen, um alleine oder gemeinsam mit anderen Schülern Herausforderungen zu bewältigen.

Der Lehrer hat in diesem Rahmen die Verantwortung, gemeinsam mit seinen Kollegen, die für die jeweilige Klasse verantwortlich sind, einen passenden Lernrahmen mit kompetenzorientierten Aufgaben und Projekten, mit Planungshilfen, mit Inhalten, Kommunikations- und Dokumentationsmöglichkeiten und Rückmeldeinstrumenten zu gestalten. Diese Aufgaben und Projektaufträge werden dabei häufig kompetenzfeldübergreifend entwickelt.

Kompetenzlernen wird die Schule der Zukunft bestimmen. Dafür müssen die Strukturen der Schulen, von der Zerhackung der Zeit in 45-Minuten-Einheiten, über die Zersplitterung der Themen in Unterrichtsfächer bis zum Zwang, fast ausschließlich Bulimielernen zu bewerten, grundlegend verändert werden. Der Paradigmenwechsel liegt in der Verlagerung der Lernverantwortung auf die Schüler, die die Freiheit erlangen, den Unterricht mit zu gestalten sowie ihre Arbeitsthemen und ihre Lernmethoden innerhalb eines Lernrahmen selbst auszuwählen und anzuwenden. Die Lehrer wandeln ihre Rolle zum Lernbegleiter, die Kommunikation mit den Schülern erfolgt auf Augenhöhe.

[1] vgl. Niveri, L. (2015)

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