Kompetenzentwicklung im Netz – geht das?

Kürzlich habe ich von der „Zocker-Universität“ in Gibraltar berichtet, die eine echte Kompetenzentwicklung online ermöglicht. Kann man dieses Konzept auch auf die betriebliche Bildung übertragen?

Um dies zu beantworten, ist die Frage nach dem emotional – motivationalen Wertgrund, nach den realen Herausforderungen in Projekten und in der Praxis ( kognitiven Dissonanzen) und den Prozessen der Verinnerlichung von Erfahrungswissen (emotionale Labilisierung), die eine online-Lernkonzept auslöst, zu klären Ist sie zu verneinen, hilft die bestgemeinte, mit großem Aufwand ins Netz gebrachte Methode überhaupt nichts. Nicht jede emotionale Labilisierung ist schon Kompetenzentwicklung, aber es gibt keine intendierte Kompetenzentwicklung ohne emotionale Labilisierung. Hier liegt der springende Punkt, weshalb wir den Web 2.0 Methoden eine so hohe Kompetenz entwickelnde Potenz zutrauen: Den Vorgang, bei dem Werte – die Resultate von Wertungsprozessen – via Entscheidungssituation, kognitive Dissonanz (reale Herausforderung) und emotionale Labilisierung (Verinnerlichung von Erfahrungswissen) zu eigenen Emotionen und Motivationen umgewandelt und angeeignet werden, beschreiben wir als Interiorisation von Werten. Dies erwies sich als Schlüsselprozess jeder Wertaneignung, jedes Erfahrungslernens, jeder Kompetenzlernens.

Die Schlussfolgerung für ein Kompetenzlernen im Netz ist ebenso einfach wie fundamental. Nur ein E-Learning, das echte Entscheidungssituationen bieten, kognitive Dissonanzen setzen und emotionale Labilisierungen erzeugen kann, wird zu einem solchen Kompetenzlernen beitragen. Und das – so die aktuelle Pointe – ist mit klassischer E-Learning-Software kaum, mit solcher der modernen, interaktiven Software des so genannten Web 2.0, also Social Software, vorzüglich möglich.

Social Software ist also Kompetenzlernsoftware. Damit hat eine fundamentale Veränderung des E-Learning begonnen. Neu sind insbesondere folgende Elemente:

Microcontents: Dynamische und wertende Inhalte ( z.B. über Wikis und Blogs )

Two-way-access: Die Lerner können ihre Ziele und eigenes Wissen einbringen

Selbstreflexion: Lernbegleiter und Lernende

Wertende Diskussionen des Wissens

Bottom-up Lernen: Wissensmanagement findet in jedem Lernprozess statt

Grundlage ist damit die wertende „Weisheit der Massen“. Diese Veränderung mündet in eine ganz andere ein, die mit Macht schulisches, berufliches, betriebliches und universitäres Lernen verändert und die sich unter dem Slogan „von der Qualifikation zur Kompetenz“ Bahn bricht. Nach wie vor sind Qualifikationen gefragt – aber nicht mehr als Endpunkt von Ausbildung und Bildung, sondern als „Eintrittskarte“ und Beginn echter Kompetenzentwicklung. Der so genannte „europäische Qualifikationsrahmen“ ist ein Kompetenzrahmen, der bald schon die europäische Lernlandschaft umschließt. Das so genannte Wissensmanagement hat sich als Kompetenzmanagement geoutet und wird als solches heute in vielen Anwendungen praktiziert.

Damit ist Kompetenzentwicklung online grundsätzlich möglich, sofern die realen Herausforderungen, in denen Kompetenzen entwickelt werden, ebenfalls online zu bewältigen sind. Dies ist bei einer wachsenden Zahl von Aufgaben in der betrieblichen Praxis der Fall. Beispiele dafür sind Call-Center, der Einkauf und Handel oder Finanzberatung online. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, wie die Wissensvermittlung und Qualifizierung in Seminaren durch ein Kompetenzentwicklung im Netz abgelöst werden kann.

Ihr

Werner Sauter

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